Ukrainisches Geschwisterpaar erzählt von seiner Flucht Eine Reise ins Ungewisse - von der Ukraine nach Erkrath

Hochdahl · Als die Zwillingsschwestern Olha und Yuliya das erste Mal 2003 nach Deutschland kamen, war der Anlass ein freudigerer als im März 2022: Damals stand den beiden Uniabsolventinnen aus der Ukraine ein spannendes Au-Pair-Jahr bevor, doch seit diesem Frühjahr herrscht Krieg in ihrem Land und sie mussten fliehen und erneut traten sie die Reise nach Deutschland an.

Olha (41 Jahre) zusammen mit Dominik Adolphy von Du-Ich-Wir e.V. und Yuliya (41 Jahre).

Foto: nic

(nic) Wenn Olha und Yuliya an ihr Au-Pair-Jahr in Deutschland, genauer gesagt in Grävenwiesbach (Hessen) beziehungsweise Stammheim (Baden-Württemberg) zurück denken, dann haben sie eine Menge lustige Geschichten zu erzählen. Zum Beispiel Yuliyas erste Begegnung mit den zwei Hausschweinen ihrer Gastfamilie, die ihr doch im ersten Moment einen kleinen Kulturschock verpasst hatten. Oder Olhas zahlreiche Wanderungen und Radtouren durch die Natur, die sie sehr genossen hat. „Wir waren damals das erste Mal im Ausland. Alles war so neu für uns. Eine ganz andere Welt“, sagen sie beide. Zurück in der Ukraine, arbeiten die Schwestern beide als Lehrerinnen, gründen ihre Familien und werden Mütter. Das Leben ist schön, alles nimmt seinen gewohnten Lauf. Bis dann am 24. Februar 2022 die Invasion russischer Truppen in die Ukraine begann. „Keiner von uns hatte jemals an Krieg gedacht. Dass das in unserem Land passieren könnte und das es nun schon so lange andauert“, sagt Olha. Eines Abends beschließen beide Familien der Schwestern, dass eine Flucht unausweichlich ist. Die Männer müssen im Land bleiben, nur die Frauen und ihre Kinder treten die gefährliche „Reise“ ins Ungewisse an. Innerhalb von nur 24 Stunden werden die wichtigsten Dinge gepackt und dann geht es mit dem Auto zur ukrainisch/polnischen Grenze. Nach dem Ausharren in der unerträglichen Kälte, geht es zu Fuß über die Grenze und dann mit einem anderen Auto von Bekannten nach Deutschland. „Freunde von uns wohnen in Erkrath und so konnten wir hier Zuflucht finden“, erinnert sich Yuliya. Zunächst kommen die Schwestern mit ihren Kindern bei einer einheimischen Familie unter. Nach vier Monaten können sie ihre kleinen eigenen Wohnungen beziehen. Durch den Kontakt mit dem Freundeskreis für Flüchtlinge, der wiederum an den Verein „Du-Ich-Wir“ verweist, gelingt es, den jungen Lehrerinnen einen Job zu vermitteln. Nun arbeiten sie für den Verein Du-Ich-Wir als Deutschlehrerinnen für ukrainische Kinder in Erkrath. „Für die Kinder ist es toll und eine Erleichterung, wenn sie Deutsch durch Lehrkräfte lernen, die ihre Muttersprache sprechen. Viele erzählen uns meist als Erstes von ihren Kriegserlebnissen und von der Flucht.“ Das sich von der Seele zu sprechen, mit Menschen, die das gleiche Leid erfahren haben, ist der erste Schritt auf dem Weg der Verarbeitung solcher schrecklichen Erlebnisse. Mittlerweile haben Olha und Yuliaya sich gut in Erkrath eingelebt; sind froh darüber, Arbeit und eine Wohnung gefunden zu haben und dass ihre Kinder auch hier zur Schule gehen können. Dank zahlreicher privater Spenden, einer Großspende durch die Treffpunkt Leben Gemeinde in Unterfeldhaus und zuletzt durch die finanzielle Unterstützung der beiden Rotary Clubs Hilden-Haan und Neandertal, die seit Ende der Sommerferien die Kosten tragen, werden die beiden Lehrerstellen der Schwestern gesichert. Um dauerhaft in Deutschland arbeiten und leben zu können, wollen die beide noch eine Ausbildung im sozialen Bereich machen. „Wir sind sehr dankbar für die große Unterstützung, die wir hier in Erkrath erfahren haben. Das ist nicht selbstverständlich.“ Natürlich hoffen beide, dass eines Tages auch ihre Männer nach Deutschland kommen dürfen. Ob sie irgendwann wieder zurück in ihr Heimatland können? Die Hoffnung ist sicherlich da, aber der anhaltende Krieg erlaubt es nicht, wirklich daran glauben zu können.

(nic)