Kredite aufnehmen, Waren in Raten abzahlen, Rechnungen erst nach 30 Tagen begleichen und vieles mehr. Es gibt einige Möglichkeiten, sich seinen Wunsch sofort zu erfüllen, ohne lange darauf zu sparen. Ab wann gilt man offiziell in der Schuldenfalle?
Interview mit der Schuldnerberatung des SKFM Erkrath Kauf‘ dir das von dem Geld was du nicht hast
Erkrath · Das Bedürfnis sich etwas „auf Pump“ zu kaufen, ist quasi schon so alt wie die Menschheit selbst. Noch leichter geht es in unserer heutigen Zeit aber durch die Möglichkeit des „Online-Shoppings“. „Kaufe jetzt - bezahle später“ lauert hier oft die Versuchung, sich schnell mit nur ein paar Klicks den eigenen Wunsch zu erfüllen. Nicht allzu selten führt das aber in die bekannte Schuldenfalle. Wir sprachen mit Andrea Rühe von der Schuldnerberatung des SKFM Erkrath, was man tun kann, wenn aus dem „Plus“ ein dickes fettes „Minus“ wird.
Andrea Rühe: Als überschuldet gilt man, wenn über einen längeren Zeitraum die Einnahmen und das Vermögen nicht mehr ausreichen, um die monatlichen Fixkosten und Raten zu begleichen. Wenn am Ende des Monats ein „plus-minus-null“ herauskommt, dann ist das in Ordnung. Besser ist es jedoch, wenn man sich monatlich auch eine Rücklage schaffen kann.
Für welche Anschaffungen nehmen die meisten Menschen Schulden auf sich?
Andrea Rühe: „Sehr häufig, um sich das eigene Auto zu finanzieren, aber auch für technische Geräte wie beispielsweise Smartphones oder Haushaltsgeräte. Gerne auch für Möbel oder Kleidung.
Welche Altersgruppe gerät am häufigsten in die Schuldenfalle?
Andrea Rühe: Laut dem Schuldneratlas ist die Altersgruppe, die am häufigsten von Überschuldung betroffen ist, die Gruppe der 30-39 Jährigen. Die jüngeren, also die 18 -30 Jährigen, sind diejenigen, die sich stärker übers Internet verschulden und häufiger Bezahlmodelle wie Klarna, Paypal und Ähnliches nutzen.
Was kann man tun, wenn die „Falle“ erst einmal zugeschnappt ist? Welche Schritte sind nötig, um sich aus dieser misslichen Lage zu befreien?
Andrea Rühe: Wichtig ist zu allererst, dass man sich eingesteht, dass einem der Schuldenberg über den Kopf gewachsen ist. Viele versuchen zunächst, durch Aufnahme von weiteren Schulden, beispielsweise bei der Bank, bei Familie oder Freunden, ihre eigentlichen Schulden zu begleichen. Das ist in den meisten Fällen aber eine Abwärtsspirale. Um die eigene Situation besser einschätzen zu können, sollte man sich zunächst einen Überblick über die Ein- und Ausgaben verschaffen und sich im zweiten Schritt Rat bei einer kostenlosen Schuldnerberatung, wie bei uns, dem SKFM Erkrath, zu holen.
Wie sieht eine Beratung bei Ihnen aus?
Andrea Rühe: Zu Beginn der Beratung ist immer das Thema Existenzsicherung vorrangig, also beispielsweise drohende Stromsperre, drohende Räumungsklage der Wohnung usw. Erst wenn hier alles geklärt ist, schauen wir gemeinsam, wo man beispielsweise Geld einsparen oder wie man vielleicht die Einnahmen erhöhen kann. Die meisten unserer Klienten wollen ihre Schulden abbezahlen. Wir schauen uns jeden Fall individuell an und geben Tipps, welche Optionen eine Möglichkeit wären, um den Schuldenberg sukzessive abzubauen.
Stichwort „Privatinsolvenz“: Ab welchem Zeitpunkt ist es richtig, diesen Weg zu gehen und wo holt man sich in diesem Fall am besten Hilfe?
Andrea Rühe: Die Privatinsolvenz ist quasi die letzte Möglichkeit, schuldenfrei zu werden, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Hier begleiten wir unsere Klienten von der Antragstellung, über die Durchführung bis zur Beendigung und stehen auch zwischendurch immer wieder mit Rat und Tat zur Seite, wenn Fragen im Prozess aufkommen oder Hilfe nötig ist. Eine kostenlose und seriöse Schuldnerberatung ist hier sehr wichtig.
Wie viele Menschen berät die Schuldnerberatung des SKFM Erkrath pro Jahr?
Andrea Rühe: Im Jahr 2022 haben wir 300 Menschen beraten, in 2023 waren es schon 361 - Tendenz steigend. Viele Menschen kommen inzwischen auch zu uns, weil sie durch die gestiegenen Energiekosten in eine finanzielle Schieflage geraten sind. Die Caritas des Kreises Mettmann bietet hier einen Stromspar-Check an. Hierbei geht es ausschließlich um das Thema Energie sparen, andere Aspekte einer Energieberatung werden nicht angeboten. Der Stromspar-Check ist auch nur für Leistungsbezieher (Bürgergeld, Sozialhilfe) kostenlos, alle anderen Bürger müssen ihn bezahlen.
Welche Tipps können Sie unseren Lesern geben, damit sie gar nicht erst in die Schuldenfalle tappen?
Andrea Rühe: Wichtig ist, dass man immer einen Überblick über seine Ein- und Ausgaben hat. Das gute alte Haushaltsbuch, welches es inzwischen auch als digitale App gibt, ist da ein gutes Kontrollinstrument. Barzahlung, anstatt Kartenzahlung hilft auch, seine Ausgabe im Blick zu behalten.
Vielen Dank für das Interview.
Mehr zum Thema „Schuldnerberatung“ gibt es im Internet auf www.skfm-erkrath.de/soziale-dienste/schuldnerberatung
Mehr zum Thema „Kostenlose Energieberatung“ gibt es auf www.caritas-mettmann.de/hilfen-angebote/menschen-in-krisen/strom-sparcheck