Brotbacken im Historischen Backhaus Was duftet denn hier so lecker?

Hochdahl · Am Morgen hat Rudi Becker bereits um 7.30 Uhr das Feuer im alten Steinofen entfacht. Dazu benutzt er vornehmlich Buchen- und Eichenholz. Das brennt gut und wird ordentlich heiß. Im August allerdings auch eine schweißtreibende Angelegenheit.

 Rudi Becker schiebt die Brotlaiber in den Steinofen. Rund 75 Minuten müssen sie dort verbleiben bis sie fertig gebacken sind.

Rudi Becker schiebt die Brotlaiber in den Steinofen. Rund 75 Minuten müssen sie dort verbleiben bis sie fertig gebacken sind.

Foto: nic

Wir sind zu Gast im Erkraths Historischem Backhaus in unmittelbarer Nähe zum S-Bahnhof Hochdahl. Hier, am Neanderweg 10, kann man noch Brot backen wie zu Omas Zeiten. Selbst gemachter Sauerteig (Achtung, ein Geheimrezept von Rudi Becker), Mehl, Wasser, Salz, Öl und Gewürze - mehr braucht es nicht, um ein schmackhaftes Brot zu backen. „Mit dem Ofen musste ich mich anfangs natürlich Schritt für Schritt vertraut machen. Es ist schon etwas anderes mit Feuer zu backen, als in einem Elektro-Ofen“, sagt Rudi Becker.

 Liebevoll wurde in den 90er Jahren das Historische Backhaus in Hochdahl restauriert. Heute ist es ein echtes Schmuckstück.

Liebevoll wurde in den 90er Jahren das Historische Backhaus in Hochdahl restauriert. Heute ist es ein echtes Schmuckstück.

Foto: nic

Seit über 30 Jahren backt er hier gemeinsam mit Besuchergruppen im historischen Ambiente. Oft sind es Teilnehmer der VHS Erkrath, der örtlichen Parteien, Privatpersonen oder aber auch Schulgruppen, die einmal die Backwerkkunst von damals hautnah erleben möchten.

Bei unserem Besuch ist gerade die neunte Klasse einer Düsseldorfer Schule vor Ort. Die Schüler haben bereits die frischen Teiglinge bearbeitet und in Form gebracht und Rudi Becker belohnt sie im Nachgang mit frischen Backhaus-Schnecken - natürlich ebenfalls selbst gemacht aus dem Steinofen. Bereits am Vortag hat er den Teig für die Brotlaiber vorbereitet und ihn gehen lassen.

„Heute backen wir 50 Brote, die die Schüler im Anschluss für Familie und Freunde mitnehmen dürfen“, sagt Rudi Becker. Nachdem der Ofen die richtige Temperatur erreicht hat - Becker ermittelt dies mittels Betasten der Backsteine an der Außenseite des Kamins und einem Temperatur-Messgerät - geht es für die Brotlaiber in den Ofen. Der wird übrigens so zwischen 450 bis 560 Grad heiß und Rudi Becker wischt sich an diesem Augusttag immer wieder die Schweißperlen von der Stirn, denn die Außentemperatur ist jahreszeitgemäß ebenfalls mollig warm. „Das Brot braucht nun circa 75 Minuten bis es fertig ist.“

Genug Zeit also, um etwas über das Historische Backhaus zu erfahren: Anfang des 1800 beherbergte der Hof am Neanderweg 10 ein Wirtshaus mit einem bedeuteten Jahrmarkt, auf dem Pferde, Kühe, Schweine, Schafe sowie Flachs und Hanf verkauft wurden. Da die Bergische Regierung im Jahre 1807 ein Gesetz erließ, dass aus Feuerschutzgründen Backöfen nicht mehr in den Häusern und nicht so dicht bei den selbigen gebaut werden sollen, wurde das Backhaus etwa 1838 auf dem Hof errichtet, wie es Vorschrift war, ungefähr 20 Meter vom Haupthaus entfernt. Das Backhaus erfüllte früher drei Funktionen: Brotbacken im Steinofen, Fleisch konservieren in der Räucherkammer und Flachs trocknen.

Noch bis circa 1949 wurde hier - allerdings für den Familienbedarf - gebacken und Obst getrocknet. Als dann die Bäcker wieder regelmäßig Brot herumfuhren, lohnte sich der Aufwand nicht mehr. Das Fachwerkhaus verfiel und wurde in den folgenden Jahren als Schafsstall und Abstellkammer benutzt. „1987 stieß dann der Bergische Geschichtsverein auf das verfallene Kleinod. Meinhard Sucker war damals der Vorsitzende des Vereins und zusammen mit Christa Schink setzte er sich für die Restaurierung des Backhauses ein“, sagt Rudi Becker. Nach etwa dreijährige Vorplanung haben dann Mitglieder des Geschichtsvereins und interessierte Bürger 1990 die Fachwerkwände wieder aufgebaut. Im Wald wurden dazu Weiden- und Haselnussruten geschnitten, Eichenstaken gesetzt, die Ruten eingeflochten, Strohlehm aufbereitet und eingebaut. Für den Putz wurde Kalk gelöscht und nach alten Rezepten ein Mörtel unter Zugabe von Kälberhaaren und Quark hergestellt und aufgetragen. Anschließend ist ein Käseinnenanstrich aufgestrichen worden.

Auch der Backofen musste abgetragen werden, da die Eisenanker, die das Gewölbe des Ofens zusammenhielten, durchgerostet waren. Er wurde mit neuen Schamott-Steinen ausgekleidet und dann steingetreu wieder aufgebaut. Heute ist das Historische Backhaus ein wahres Schmuckstück in Hochdahl und steht natürlich unter Denkmalschutz. 2022 belegten Rudi Becker und Renate Ehlig, die das Backhaus gemeinsam betreiben, für ihr Engagement den ersten Platz im Rahmen des Erkrather Heimatpreises. Der steht nun übrigens - wie sollte es auch anders sein - an einer ganz prominenten Stelle im Historischen Backhaus.

Wer nun auch Lust bekommen hat, in die Backwerkskunst aus damaligen Zeiten eingeweiht zu werden, der bekommt bei Rudi Becker telefonisch unter 0211/2338562 oder per Mail an b-ecker@t-online.de mehr Informationen.

(nic)