Offener Brief der Initiative und des Bürgermeisters: Bürgerentscheid zur Neanderhöhe am 15. Februar Bald gibt es die Antwort auf die Erbbaurechtfrage

Erkrath · „Sollen die im Eigentum der Stadt Erkrath stehenden Gewerbegrundstücke im Bereich des Bebauungsplans Neanderhöhe (Nr. H 55) nicht verkauft, sondern nur im Rahmen des Erbbaurechts vergeben werden, so dass die Stadt Erkrath Eigentümerin der Grundstücke bleibt?“ - das ist die alles entscheidende Sachfrage, die die Erkrather nun per Bürgerentscheid am 15. September (wir berichteten) mit einem „Ja“ oder einem „Nein“ beantworten können.

 Über die Zukunft der Neanderhöhe entscheiden die Erkrather am 15. September per Bürgerentscheid.

Über die Zukunft der Neanderhöhe entscheiden die Erkrather am 15. September per Bürgerentscheid.

Foto: Tanja Bamme

Kurz vor diesem entscheidenden Datum wenden sich die drei Initiator*innen des Bürgerbegehrens zum „Erbbaurecht auf der Neanderhöhe“ - Sabine Börner, Elmar Stertenbrink, Philipp Kloevekorn - mittels eines Offenen Briefes an den Bürgermeister Christoph Schultz und an die Ratsfraktionen. Darin nehmen sie noch einmal klar Stellung, warum aus ihrer Sicht die Vergabe im Rahmen des so genannten Erbbaurechts Sinn macht.

Darin heißt es: „Natürlich sind auch wir der Meinung, dass die Stadt Erkrath Gewerbesteuereinnahmen braucht. Damit das Gewerbegebiet Neanderhöhe aber dauerhaft Gewerbesteuereinnahmen bringen kann, darf es nicht zu langfristigen Leerständen kommen. Selbst die Erbbaurechtsgegner haben leer stehende Gewerbeflächen in Privatbesitz als Problem ausgemacht, wie sie im Abstimmungsheft schreiben. Allerdings ziehen sie daraus leider den falschen Schluss und wollen nun auch noch ‚die letzten städtisch verfügbaren Gewerbeflächen‘ an Privateigentümer abgeben. Schon der Volksmund rät jedoch eindringlich davon ab, sein letztes Tafelsilber zu verhökern.

Auf ihren Plakaten warnen CDU, SPD und FDP vor Stillstand, den Erbbaurecht angeblich verursacht. Echten Stillstand erleben wir jedoch zurzeit in Unterfeldhaus, wo die Stadt keinerlei Möglichkeiten hat dem Leerstand entgegenzuwirken. Gewerbestandorte unterliegen jedoch einem dynamischen Wandel. Gerade in der heutigen, schnelllebigen Zeit mit zunehmender Digitalisierung und Homeoffice, ändern sich die Anforderungen an Gewerbeflächen sehr schnell. Ansässige Unternehmen stellen ihren Betrieb ein oder reduzieren Flächen, auf der anderen Seite kommen neue Betriebe und Start-Ups hinzu. Nur wenn wir das Gewerbegebiet Neanderhöhe per Erbbaurecht vergeben und damit Eigentümer der Flächen bleiben, haben wir als Stadt Erkrath die Möglichkeiten auf die sich ändernden Anforderungen mit interessanten Angeboten zu reagieren und so dem Leerstand vorzubeugen.

Das Erbbaurecht gewinnt als Instrument der kommunalen Immobilienpolitik zunehmend an Bedeutung. Immer mehr Städte und Kommunen vergeben ihre Flächen im Rahmen des Erbbaurechts. Selbst die Landesregierung NRW will ihre Liegenschaften vorrangig über Erbpacht vergeben. Allerorten weiß man längst, dass Boden die knappste Ressource ist, und stetig im Wert steigt. Bei der Vergabe der Flächen per Erbbaurecht profitieren nur wir als Eigentümer von den Bodenwertsteigerungen. Bodenspekulation, wie beispielsweise bei der Glashütte in Gerresheim, ist damit ausgeschlossen. Außerdem bleibt die Stadt dauerhaft Verwalterin der knappen Ressource Boden und kann auch in ferner Zukunft über dessen Verwendung entscheiden.

Und auch für den Gewerbetreibenden bietet Erbbaurecht einige Vorteile. Da der Boden nicht erworben werden muss, bleibt dem Unternehmen mehr Liquidität, beziehungsweise müssen geringere Summen für das Projekt aufgenommen werden. Außerdem ist der regelmäßig zu zahlende Erbbauzins anders als der Kaufpreis von der Steuer absetzbar. In Zeiten wirtschaftlicher Not, kann die Stadt den Erbbauzins auch als Werkzeug der Wirtschaftsförderung einsetzen.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Schultz, sehr geehrte Ratsfraktionen, sehr gerne würden wir mit Ihnen im Rahmen einer öffentlichen Diskussion die Argumente pro und contra Erbbaurecht austauschen. Wir sind sicher, dass eine solche Veranstaltung von den Erkrather Bürgerinnen und Bürgern gerne genutzt wird, um sich umfassend über das Thema Erbbaurecht zu informieren, um am 15. September eine überlegte Entscheidung treffen zu können. Kommen Sie also gerne auf uns zu.

Wir möchten nichts verhindern oder blockieren, sondern dazu beitragen, dass der Wirtschaftsstandort Erkrath nicht nur jetzt, sondern auch in 100 Jahren noch, dann von Ihren und unseren Ekeln aktiv gestaltet werden kann. Dafür müssen die Flächen dauerhaft in öffentlichem Eigentum bleiben.“

Die Antwort von Bürgermeister Christoph Schultz auf diesen Offenen Brief erreichte uns zeitnah am gestrigen Montag. Darin schreibt er: „Zuerst möchte ich betonen, dass die aktuelle Beschlusslage keineswegs den Weg der Vergabe von Grundstücken mittels Erbpacht ausschließt – im Gegenteil: Die Vergabe der Grundstücke kann sowohl als Verkauf, als auch durch Erbpachtvertrag erfolgen. Aus der Erfahrung der letzten Jahre muss ich Ihnen jedoch leider berichten, dass die Erbpacht bei vielen für die Stadt potenziell interessanten Unternehmen gerade keine Alternative ist. Mit anderen Worten: Eine Ansiedlung auf einem Erbpachtgrundstück kommt für viele Unternehmen nicht in Frage und Erkrath wird diese Unternehmen nie am Standort begrüßen können. Die Schaffung von Arbeitsplätzen und die mögliche Zahlung unter anderem von Gewerbesteuer bliebe aus.

Unternehmerinnen und Unternehmer haben für diese Entscheidung verschiedene Gründe: Mittelständische Unternehmen möchten Ihre Betriebsstätten auf eigenem Grund und Boden errichten und somit Werte für ihre Familien schaffen. Die Finanzierung über Banken ist zudem bei Erbpachtgrundstücken schwieriger und nicht selten mit höheren Kosten verbunden.

Diese Grundbedingungen ändern wir Erkrather nicht, insbesondere nicht, da wir mit unseren Grundstücken eher kleine Flächenzuschnitte anbieten, bei denen wir in Konkurrenz zu vielen weiteren Städten in unserem Umfeld stehen.

Ich gebe Ihnen vollkommen recht, die Stadt Erkrath sollte ihr Möglichstes tun, um mögliche Bodenspekulationen zu verhindern. Aus diesem Grund werden meine Fachämter jeden Interessenten genau prüfen, ein Vermarktungs-/Vergabebeschluss erfolgt durch den Haupt- und Finanzausschuss, einem Gremium des Rates der Stadt Erkrath. Mit dem Käufer wird zudem eine Bebauungspflicht in einem angemessenem Zeitraum vereinbart.

Widersprechen muss ich Ihnen bei der Darstellung Ihres Bildes vom Gewerbegebiet Unterfeldhaus. In unserem Gewerbegebiet sind viele hochinteressante Mittelständler ansiedelt. Einige davon Marktführer oder weltweit agierende Unternehmen, welche einen großen Beitrag an der hohen Attraktivität Erkraths als Wirtschaftsstandort leisten. Bei aktuell leer stehenden Gebäuden hat der jeweilige Eigentümer konkrete Pläne zur Umnutzung oder Entwicklung und steht mit der Stadt im engen Austausch.

Problematisch waren in der Vergangenheit Gemengelagen, bei denen ein Gebäude im schlechten Zustand auf einem Grundstück mit geringer Restlaufzeit des Erbpachtvertrags stand. Solch eine Situation hat Investitionen verhindert und konnte nur durch das Engagement eines Teileigentümers aufgelöst werden.

Die von Ihnen beschriebene Einflussmöglichkeit der Stadt bei einer Insolvenz des Erbpachtnehmers ist mit extrem hohen Risiken verbunden. Zur Nachnutzung eines Grundstücks müsste die Stadt den Restwert der Immobilie ablösen und das Grundstück wieder in einen baureifen Zustand versetzen, um nach dieser Zeit die Fläche wieder einer Erbpachtnutzung zuzuführen. Ich persönlich sehe dies nicht als realistisches Szenario für die Stadtverwaltung Erkrath an. Sollte sich bei einem Grundstück dennoch der Fall ergeben, dass sich durch den Ankauf einer Fläche große Vorteile für die Stadt ergeben, kann durch eine Vorkaufrechtreglung Abhilfe geschaffen werden.

Die unbebauten Flächen an der Neanderhöhe sind die letzten Gewerbeflächen der Stadt Erkrath. Immer noch übersteigt die Nachfrage nach Gewerbegrundstücken in Erkrath deutlich das Angebot. Nach meiner Überzeugung sollten wir unsere wirtschaftliche Attraktivität nutzen und nicht still dem Prinzip Hoffnung gegenüberstehen.

Die Stadt Erkrath braucht weiterhin die Wahl, auch die Möglichkeit des Verkaufs zu haben, da nur so viele attraktive Unternehmen überhaupt Interesse an unseren Flächen behalten. Die Entscheidung treffen die Erkratherinnen und Erkrather am 15. September 2024.“

Auch die SPD Erkrath, FDP und die CDU schließen sich der Meinung des Bürgermeisters an. Die BmU wirbt auf ihrer Webseite hingegen für ein klares „Ja“ in der Erbbaurechtfrage. Ebenso Bündnis 90/Die Grünen. Auch von der AFD Erkrath gibt es dazu ein klares „Ja“. Gleiches empfiehlt „DIE LINKE“ und der fraktionslose Uli Schimschock.

Am Sonntag, den 15. September, findet in Erkrath der Bürgerentscheid „Erbpacht Neanderhöhe“ statt. Die Stimmräume sind am Abstimmungstag von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Wer seine Stimme lieber per Brief abgeben mag, benötigt vorab einen Stimmschein. Dieser kann durch Scannen des QR-Codes auf der Abstimmungsbenachrichtigung, online über ein Antragsformular auf der städtischen Homepage, per Mail an wahlen@erkrath.de, schriftlich per Post oder auch persönlich beim Wahlamt beantragt werden. Die ausgefüllten Stimmbriefe müssen anschließend bis spätestens 15. September, 16 Uhr, im Rathaus eingegangen sein – die Postlaufzeiten sind hierbei zu beachten.

Auf der städtischen Homepage unter www.erkrath.de/buergerentscheid finden Interessierte weitere Informationen zur Abstimmung, wie Stellungnahmen und Stimmempfehlungen der Erkrather Politik sowie des Bürgermeisters, wie auch Hinweise zur Ermittlung des Abstimmungsergebnisses. Bei Rückfragen steht das Erkrather Wahlamt entweder telefonisch unter 0211/2407-3219 oder per Mail an wahlen@erkrath.de zur Verfügung.

(nic)