Wie sich ein junger Erkrather trotz chronischer Erkrankung ins Leben zurück kämpft Aufgeben war nie eine Option

Erkrath · André Vieth war erst 14 Jahre jung, als sein Leidensweg begann. Bis die Ärzte herausfanden, woran er litt, vergingen weitere zwei Jahre. André Vieth hat Morbus Crohn - eine chronische Entzündung des Magen-Darm-Traktes. 20 Jahre lebt er nun schon mit der Krankheit und hilft heute anderen Menschen mit ähnlichen Schicksal wieder ein halbwegs normales Leben zu führen.

André Vieth aus Erkrath trainiert regelmäßig im Fitness-Studio.

André Vieth aus Erkrath trainiert regelmäßig im Fitness-Studio.

Foto: privat

„Mit 14 Jahren hatte ich plötzlich tiefe Risse im Zahnfleisch“, erinnert sich der heute 36Jjährige. „Außerdem litt ich unter extremer Müdigkeit und Konzentrationsproblemen.“ Eine Darmspiegelung war damals noch ohne Befund. „Für kurze Zeit stand der Verdacht im Raum, dass ich Lymphdrüsenkrebs hätte. Was sich glücklicherweise nicht bewahrheitet hatte.“ Andere Ärzte vermuteten hinter Andrés Symptomen eine Autoimmunkrankheit. „Zwei Jahre musste ich hoch dosiertes Cortison einnehmen und plötzlich waren die Risse im Zahnfleisch weg.“ Kurzes Aufatmen für den damals jungen Mann. Doch schon ein Jahr später nahmen die Beschwerden wieder zu. „Durchfall, Bauchschmerzen, Blut im Stuhl machten mir das Leben schwer. Ich stecke mit 17 Jahren mitten in der Ausbildung zum Industriemechaniker“, erinnert sich André Vieth. Eine erneute Darmspiegelung bringt die Gewissheit: Er hat Morbus Crohn.

Hinter dem Namen verbirgt sich eine chronische und damit nicht heilbare entzündliche Erkrankung des Magen-Darm-Traktes. Die Krankheit kann von der Mundhöhle bis zum After auftreten; oftmals befällt sie allerdings das Ende des Dünndarms oder den oberen Abschnitt des Dickdarms. Typische Symptome sind Bauchschmerzen, sowie über Wochen anhaltender Durchfall. Häufig treten als erste erkennbare Symptome auch Entzündungen außerhalb des Darms, zum Beispiel an Gelenken (extraintestinale Manifestation) oder wie bei André am Zahnfleisch auf. In fortgeschrittenem Stadium können sich Fisteln und Abszesse bilden und es kann aufgrund von Engstellen zu einem Darmverschluss kommen.

André Vieth während des Trainings. Der Sport hilft ihm mit seiner chronischen Erkrankung besser umzugehen und mehr Lebensqualität zu haben.

André Vieth während des Trainings. Der Sport hilft ihm mit seiner chronischen Erkrankung besser umzugehen und mehr Lebensqualität zu haben.

Foto: privat

„Ich musste damals viele Medikamente nehmen und häufige Fehltage durch meine Erkrankung erschwerten mir meine Ausbildung. Dennoch stand von Anfang an für mich fest, ich will meine Ausbildung zu Ende bringen. Das war mir sehr wichtig.“ Geschafft hat er das sogar mit einer Einser-Abschlussnote. Danach schlug Andrés Erkrankung erneut gnadenlos zu und er bekam vom Amtsarzt eine Arbeitsunfähigkeit attestiert. „Das war wirklich schlimm für mich. Ich stand quasi vor dem Nichts, während meine Freunde alle ihrem Job, ihrem Leben nachgehen konnten, saß ich krank zu Hause und kam an manchen Tagen kaum von der Toilette runter.“ Aufgeben war jedoch für André Vieth keine Option. „Mit 24 Jahren machte ich eine berufliche Reha und eine Ausbildung zum Kaufmann für Versicherung und Finanzen.“ Die Ausbildung schloss er erfolgreich ab und bewarb sich bei der Agentur für Arbeit als Arbeitsvermittler für schwerbehinderte und gleichgestellte Menschen und arbeitet nun seit bereits acht Jahren im Jobcenter Mettmann.

Der Erkrather war immer schon sportlich unterwegs, musste aber damals als Jugendlicher nach der Diagnose seinen heiß geliebten Fußball aufgeben, denn durch die Erkrankung hatte er bereits mit Mitte 20 Osteoporose. „Durch die jahrelange Behandlung mit Cortison waren mein Gesicht und mein Bauch total aufgedunsen und der Rest meines Körpers war dünn und schlaff. Ich wollte das ändern und suchte nach einem Weg, trotz Morbus Crohn sportlich wieder Fuß zu fassen“, sagt André Vieth. Leichtes Muskeltraining im Fitness-Studio weckte seine Leidenschaft und eine Vision: „Ich wollte als Fitnesstrainer andere Menschen coachen.“ Gesagt, getan und erneut bewies der Erkrather Biss und bestand die Trainerprüfung sogar mit einer 1.0. „Sport ist für mich total wichtig und ich merke auch, dass er mir mental, aber auch körperlich hilft, besser mit der Krankheit umzugehen.“

Viele Jahre lang unterstützte er Menschen mit der gleichen oder einer ähnlichen Erkrankung und coachte sie als Fitnesstrainer, um wieder ein Stück weit Lebensqualität zurück zugewinnen. Auf Facebook (Morbus Crohn by Andre) und Instagram (morbuscrohn_andre) versucht er zum einen ein Tabu zu brechen und für die Erkrankung zu sensibilisieren. „Keiner spricht gerne darüber, dass er an einer Magen-Darm-Erkrankung leidet. Aber am Ende des Tages ist es eine Krankheit wie jede andere, mit der man auch lernen kann zu leben.“

Sein jüngstes Projekt ist ein Auftritt in der neuen Gesundheitsserie bei RTL Plus: Unter dem Titel „Holy Sh*t“ trifft Olivia Jones Menschen, die unter Darmproblemen leiden und sich zum ersten Mal trauen, ihre berührende Geschichte zu erzählen. Auch der Erkrather André Vieth ist dabei. Mit Unterstützung der Experten Dr. Nicole Steenfatt und David Reckers begleitet Olivia Jones die Patienten auf dem Weg zu einer besseren Gesundheit. Mythenchecks, Mental Health Tipps und die Basics guter Ernährung inklusive! „Bei dieser Serie mit dabei zu sein, hat wirklich Spaß gemacht und ich habe - nach 20 Jahren Morbus Crohn - sogar was Neues dazugelernt, was mir persönlich und gesundheitlich wahnsinnig geholfen hat.“ Start der Serie ist am 29. August.

(nic)