Bisher nehmen 900 Schulen in Nordrhein-Westfalen an dem Programm teil. Eine davon ist die Carl-Fuhlrott-Hauptschule in Erkrath. Das Programm zielt auf die Stärkung der Basiskompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen sowie der sozialen und emotionalen Kompetenzen ab.
Noch immer hängt der Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen in Deutschland stark von der sozialen Herkunft ab. Mit dem „Startchancen-Programm“ wollen Bund und Länder dem entgegenwirken und für mehr Chancengerechtigkeit sorgen. Dazu werden Schulen mit einem hohen Anteil sozioökonomisch benachteiligter Schülerinnen und Schülern bis 2034 nun gezielt unterstützt. Nordrhein-Westfalen erhält dafür über eine Laufzeit von zehn Jahren insgesamt rund 2,3 Milliarden Euro vom Bund und wird seinerseits Mittel bis zu demselben Umfang investieren.
Das „Startchancen-Programm“ soll wesentlich dazu beitragen, die Leistungsfähigkeit des Bildungssystems in Deutschland nachhaltig zu verbessern, die Bildungs- und Chancengerechtigkeit zu erhöhen und den starken Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg aufzubrechen. In Nordrhein-Westfalen starten zum Schuljahr 2024/2025 zunächst rund 400 Schulen in das Programm. Weitere rund 500 Schulen werden zum Schuljahresbeginn 2025/2026 folgen.
Die Auswahl der geförderten Schulen erfolgt auf der Grundlage wissenschaftsgeleiteter Kriterien. „Mittels des sogenannten Schulsozialindex werden die Schulen für die Förderung ausgewählt“, erklärt Christine Schneppe. Der Index berücksichtigt vor allem den Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Armutsgefährdung, Migrationshintergrund und Förderbedarf an einer Schule.
An der Carl-Fuhlrott-Hauptschule liegt der Anteil der 309 Schülerinnen und Schüler bei einem Migrationsanteil von 89 Prozent. Insgesamt sind derzeit 16 Nationen an der Hochdahler Schule vertreten; der Anteil an Mädchen und Jungen ist ausgewogen. „Viele unserer Schülerinnen und Schüler haben Förderbedarf.“
Im Rahmen des „Startchancen-Programms“ soll zukünftig die Klasse 5 umgestaltet werden. Die Kinder erhalten eine Förderung in den Fächern Deutsch, Mathe, berufsbildendes und soziales Lernen - sowie eine soziale-emotionale Förderung. „Außerdem wird es keine Klassenlehrer mehr im eigentlichen Sinne geben, sondern ein Tutoren-Team, welches die einzelnen Fünferklassen in Doppelbesetzung betreut“, sagt Kathrin Cremers, die gemeinsam mit einer Gruppe von Lehrern das neue Konzept erarbeitet hat. Diese Neuerung in der Betreuung der Schülerinnen und Schüler hat einen wesentlichen Vorteil: „Oftmals kommen bei uns nach der sechsten Klasse Kinder von der Realschule zu uns. Dadurch werden bestehende Klassenverbände kräftig durcheinandergewirbelt und einzelne Schüler werden dann in neue Klassen gesteckt und sehen sich nicht nur fremden Kindern gegenüber, sondern auch neuen Klassenlehrern“, sagt Christine Schneppe. Der Vorteil eines Tutoren-Teams für die gesamte Jahrgangsstufe ist, dass die Kinder von Beginn an auch die anderen Lehrer kennenlernen.
Ein weiterer neuer Baustein soll die individuelle Förderung in den Hauptfächern Deutsch, Mathe und Englisch und den Nebenfächern sein. „Die Hauptfächer werden bei uns täglich unterrichtet und die Nebenfächer dann jeweils zwei Wochen am Stück täglich, also quasi am Band“, so Kathrin Cremers. Der Vorteil: Den Kindern kann konzentrierter der Unterrichtsstoff vermittelt werden und so haben es auch die Schüler leichter an die Unterrichtsinhalte vom Vortag anzuknüpfen. „Das Unterrichtsthema bleibt so im Kopf der Schüler präsenter und der Fokus kann anders gesetzt werden.“
Da vor allem Schülerinnen und Schüler der unteren Klassen entwicklungsbedingt Schwierigkeiten haben, sich längere Zeit am Stück zu konzentrieren und still dabei zu sitzen, legen die Lehrerinnen und Lehrer der Carl-Fuhlrott-Hauptschule Bewegungspausen in den Unterricht ein. Das steigert nachweislich die Konzentration und die Kinder können ihrem natürlichen Bewegungsdrang nachgeben. „Außerdem arbeiten wir mit den Schülerinnen und Schüler handlungs- und produktionsorientiert. Bedeutet, gelernt wird nicht nur in der Theorie, sondern auch praktisch, indem das Gelernte in etwas Handfestes, beispielsweise in etwas Gebasteltes umgesetzt wird. „So gibt es ein sichtbares Ergebnis des Erlernten, dass auch den Eltern optisch präsentiert werden kann.“
Ein weiterer Punkt ist, die Selbstständigkeit und die Selbstreflexion der Schülerinnen und Schüler zu üben. „Das gelingt uns bereits sehr gut mittels so genannter Schulplaner - eine Art Schultagebuch, in dem der Schüler täglich das Erlernte dokumentiert, analysiert und sich neue Ziele setzt.“ Ein weiteres Tool sind die Elternsprechtage, bei denen die Schüler mit ins Gespräch eingebunden werden und somit nicht über sie, sondern mit ihnen gemeinsam über den Lernstand gesprochen wird.
Veränderungen soll es auch in Sachen Mobiliar, Lichtkonzept der Flure sowie Klassenzimmer und Außengestaltung geben. So ist beispielsweise die Anschaffung von Lesepulten, Balancestühlen oder Lesehäuschen für die Flure der Schule geplant.
Das „Startchancen-Programm“ basiert auf drei Säulen:
Säule I: Das Investionsbudget - damit kann eine lernförderliche Ausstattung und Infrastruktur geschaffen werden, die auf den konkreten Bedarf vor Ort abgestimmt ist.
Säule II: Das Chancenbudget - damit kann unter anderem eine pädagogische und systemische Beratung und Unterstützung für die Schulen finanziert werden, die nachhaltig zu einer Verbesserung von Schul- und Unterrichtsentwicklung beiträgt.
Säule III: Zusätzliches Personalbudget - damit können neben den Lehrkräften weitere Fachkräfte unterschiedlicher Professionen eingestellt werden, die das Lehren und Lernen unterstützen (insbesondere Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter sowie multiprofessionelle Teams).
Der vom Bedarf der einzelnen Schule ausgehende und auf die Programmziele ausgerichtete konkrete Einsatz der Fördermittel erfolgt in enger Absprache mit den Schulaufsichten, den Schulträgern und Schulen. Am „Startchancen-Programm“ teilnehmende Schulen werden hierzu Zielvereinbarungen mit der Schulaufsicht abschließen, regionale Netzwerke aufbauen beziehungsweise stärken und Zugang zu umfangreichen Maßnahmen und Mitteln im Rahmen der drei Finanzierungssäulen erhalten.
„Unser Kollegium freut sich sehr, dass unsere Schule an dem Förderprogramm teilnehmen kann und damit das Selbstbild unserer Schüler gestärkt wird“, sind sich Schulleiterin Christine Schneppe und Projektleiterin/Lehrerin Kathrin Cremers einig.