Sollte Nachhaltigkeit Unterrichtsfach werden?

Hochdahl · In der vom Naturschutzzentrum Bruchhausen gewonnen Veranstaltung "Essen mit Zukunft" von der Welthungerhilfe und Slow Food Deutschland gab es spannende Diskussionen.

Daniel Diehl von Slow Food Deutschland, Antje Paulsen Welthungerhilfe Bonn, Renate Späth Vorsitzende Förderverein und Karin Blomenkamp - Leiterin des Naturschutzzentrums Bruchhausen (v.li.).

Foto: privat

Das Interesse war groß, wie ein Blick auf die Teilnehmerliste zeigt. Die Fortbildung für Lehrer und Schüler, die von der Welthungerhilfe und Slow Food Deutschland veranstaltet wurde, lockte 35 Lehrer, Mensavertreter, Schüler und Studenten nach Bruchhausen. Sie kamen von der Realschule Erkrath, vom Gymnasium Hochdahl und dem Gymnasium am Neandertal, vom Helmholtz-Gymnasium in Hilden, der Prisma-Gesamtschule in Langenfeld und von der Uni Wuppertal. Das Thema ist auch für Lehramtsstudierende interessant. Als Referenten waren Daniel Diehl von Slow Food Deutschland und Anja Paulsen von der Welthungerhilfe vor Ort.

Mit einem Frühstück unter dem Titel "Weltfrühstück — Was frühstückt die Welt?" ging es um 9 Uhr morgens mit beispielhaften Kostproben aus Projektländern der Welthungerhilfe und den '10.000 Gärten‘ von Slow Food los. Mit der Wanderausstellung "Schluss mit Hunger!" erhielten die Teilnehmer eine erste Einführung ins Thema bevor sie mit 'Zero Hunger‘ bis 2030 ist möglich erfuhren, dass man bis zu diesem Jahr den Hunger in der Welt in den Griff bekäme, wenn man das Tempo in der Bekämpfung beschleunigt.

Weiter ging es mit dem Thema 'Boden begreifen‘, bei dem Wissen über Bodenprofile, Ackerflächen und dazu, wie viel Acker ein Mensch braucht, vermittelt wurde. Bei der sich anschließenden Fishbowl-Diskussion kamen dann die Themen auf den Tisch, die jeden Teilnehmer direkt betreffen. Es ging um Essen in den Schulen oder an der Uni, aus der Mensa, vom Schulkiosk oder in der Oberstufe vom Bäcker oder Imbiss in der Nähe. "Wie sieht es an Euren Schulen mit Eurer Ernährung aus?", fragt Anja Paulsen einleitend. Schon bei der Zufriedenheit mit dem Mensaessen zeigt sich, dass 66 Prozent aller Schüler unzufrieden sind, weil es entweder zu teuer ist, man zu lange warten muss oder es nicht schmeckt. Häufig bevorzugen Schüler einen ungesunden Snack vom Schulkiosk, das oft in Konkurrenz zur Mensa steht.

Eine Vertreterin der Mensa des Helmholtz-Gymnasiums erklärt, wie schwer es ist die Schüler zu erreichen. Meist essen nur die Schüler der fünften und sechsten Klassen in der Mensa, während die älteren den Schulkiosk bevorzugen oder gleich in die Stadt gehen. "Bei uns wird sehr, sehr wenig weggeworfen. Wir planen nach dem tatsächlichen Bedarf", erklärt sie den Ansatz dennoch möglichst nachhaltig zu wirtschaften. Von den Mensavertretern ist aber auch zu erfahren, dass Salat, Gemüse und Obst (sofern es nicht gleich in einem Obstsalat verarbeitet ist) meist liegen bleibt. "Und wie sieht es an der Uni aus?" will Diehl von den anwesenden Studenten wissen und erfährt, dass die Uni Mensa und Cafeteria im Vergleich besser abschneiden. In der Diskussion wird deutlich, dass unser Essen insgesamt zu wenig wert geschätzt wird und dass im Unterrichtsplan kaum Platz für Nachhaltigkeit ist. In manchen Schulen wird deshalb auf Projekttage gesetzt.

In der Gesamtschule gibt es immerhin noch das Fach Hauswirtschaft, dass in den Lehrplänen der Gymnasien nicht einmal vorgesehen ist. Eine anwesende Lehrerin kocht einmal wöchentlich mit Schülern in Eigeninitiative und nutzt dabei eine alte Schulküche. Zur Herkunft der verwendeten Lebensmittel in den Mensen herrscht nach Einschätzung der Anwesenden zu wenig Transparenz, sodass schwer zu beurteilen ist, ob diese 'regional — saisonal‘ arbeiten. Nach der angeregten Diskussion genießen die Teilnehmer ein Mittagessen, das garantiert zu 90 Prozent regional — saisonal ist. Das Gemüse stammt fast ausschließlich aus dem eigenen Anbau in Bruchhausen.

Am Nachmittag geht es dann mit dem Elevator Pitch 'Iss Fair-Netzt!‘ weiter, bei dem es um die zunehmende Entfremdung der Jugend zu Herstellungsprozessen und zu den komplexen globalen Zusammenhängen moderner Nahrungsmittelproduktion geht. Es folgt ein Worldcafé zum Thema Nachhaltigkeitsziele und Umsetzungsmöglichkeiten an der Schule, dem sich eine Präsentation der Ergebnisse anschließt.

Kommentar: Wer der Fishbowl-Diskussion gefolgt ist, konnte feststellen, dass in unseren Schulen zu wenig Zeit und Raum für Nachhaltigkeit bleibt. "Eine neue Art zu denken ist notwendig, wenn die Menschheit weiterleben will." sagte Albert Einstein vor langer Zeit. Brauchen wir für die Bekämpfung des Welthungers und zum Erreichen der Klimaziele ein neues Fach in den Unterrichtsplänen, damit notwendige Veränderungen verinnerlicht werden?