Wilfried Schmickler in der Stadthalle „Es Erkrath hört nicht auf“

Erkrath · Kürzlich war Wilfried Schmickler mit seinem neuen Programm „Es hört nicht auf“ in der Erkrather Stadthalle Erkrath zu Gast.

Foto: Ilona Klimek

Seit über 40 Bühnenjahren ist Wilfried Schmickler ein Schwergewicht des gesprochenen Wortes unter den großen Politkabarettisten dieses Landes. Diesmal präsentierte er sein neues Programm „Es hört nicht auf“. Er hat Recht, es hört nicht auf. Jeden Tag begegnen wir der Idiotie und den Ungerechtigkeiten in dieser Welt. Gegen soziale Ungleichheit, gegen Hass und Intoleranz etwas entgegenzusetzen, hört aber auch, so ist zu hoffen, nicht auf.


Und so reist er wieder über die Bühnen dieser Republik, bewaffnet mit den Worten der Wahrheit, die er gnadenlos und messerscharf zu führen versteht wie ein Scharfrichter seine Axt und bereitet dem Publikum einen fulminanten Abend.

Wilfried Schmickler, seit 44 Jahren Reisender in Sachen Verfreundlichung der Welt, tut, was er kann: seriös unterhalten, gut gelaunt rumnörgeln, abendfüllend aufheitern. 110 Minuten „picke-packe-voll“ (A.Zeigler) mit Text-Kaskaden, Schmäh-Tiraden und Spott-Gesängen, die immer mal wieder angereichert werden mit dem Zwischenton der Poesie.

Endlich waren mal wieder über 400 Zuschauer in der Stadthalle, um dem Wortgewitter von Wilfried Schmickler beizuwohnen. Man muss bei Schmickler immer sehr konzentriert zuhören, da er manchmal sehr schnell spricht und die Konstruktionen seiner Gedichte, hier kann man schon von gehobener Poesie sprechen, sehr anspruchsvoll sind. Es handelt sich ja hier um Politkabarett und nicht um einen Dönekesabend.

Nach der frenetischen Begrüßung durch das Erkrather Publikum, begann der Abend mit einer Neujahrsansprache in konzertierter Aktion des Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers und aller Ministerpräsident/innen mit dem Fazit „Geh weiter, geh weiter“, „You never walk alone“ oder wie es Gerd Höllerich (Roy Black) sagt „Du bist nicht allein, wenn Du träumst heute Abend“.

Im Verlauf des Abends bekamen alle, die schon seit langem in der Bevölkerung auffällig waren und ein verstörtes Verhältnis zu ihr haben, ihr Fett weg. Schmarotzer und Parasiten der Gesellschaft, verhaltensauffällige Fußballfunktionäre der Fifa, aber auch in untergeordneten Verbänden, Politiker aller Ebenen, korrupte Intendantinnen wie Patricia Schlesinger, die dem Fernsehzuschauer das Geld aus der Tasche ziehen und sich daran bereichern, schlichtweg alle, die meinen sie hätten eine gehobene Position in der Gesellschaft sich aber verhalten wie Kriminelle.

Im Vergleich zu früheren Veranstaltungen mit Politikkabarettisten, wo man dieses Verhalten lustig fand und über diese Missstände lachte, hat bei den Zuschauern ein Wechsel stattgefunden. Die Missstände, die Wilfried Schmickler ansprach und wo er den Zuschauern auch Ideen mitgab, zum Beispiel das Verhalten gegenüber solchen Parteien wie der AfD, wurden von den Zuschauern mit großem Beifall begleitet, da sie ihnen in der heutigen Zeit bewusster denn je sind. Auch eine frühere Überlegung zur Erstellung einer Position einer/s Bundestagspoetenbeauftragten erwähnte er. Es konnte sich beim Publikum die Überlegung einstellen, hier stand schon jemand, der die schwierigen politischen Verflechtungen häufig in Reimform entwirrte.

Man muss gestehen, dass Schmickler es verstand die einzelnen Programmpunkte, unterbrochen von einfühlsamen Chansons, so exzellent in den Zuschauerraum zu bringen, dass permanentes Klatschen angesagt war. Die zwei Stunden gingen viel zu schnell vorbei.

Ergreifend waren die Abschlussworte von Wilfried Schmickler in denen er das Publikum darauf hinwies, dass die Kultur in Deutschland bedingt durch Corona eine lange Durststrecke durchlaufen hat. Er brachte seine Verbundenheit mit Erkrath zu Ausdruck und bestätigte, dass er sehr gerne in der Stadthalle ist und er es bewundernswert findet, wie das Kulturamt der Stadt diese lange Durststrecke mit Absagen, Neuansetzungen und erneuten Terminierungen leidlos, aber engagiert ertragen hätte.

Dem kann man sich nur anschließen. Als Sahnehäubchen hier ein Gedicht von und mit Genehmigung von Wilfried Schmickler, welches er in sein Programm eingebunden hatte.

Die Gier

von Wilfried Schmickler

Was ist das für ein Tier, die Gier?
Es frisst an mir,
Es frisst in dir,
Will mehr und mehr
Und frisst uns leer.

Wo kommt das her,
Das Tier, und wer
Erschuf sie nur,
Die Kreatur?

Wo ist das finstre Höllenloch,
Aus dem die Teufelsbestie kroch,
Die sich allein dadurch vermehrt,
In dem sie dich und mich verzehrt?

Und wann fängt dieses Elend an,
Dass man genug nicht kriegen kann
Und plötzlich einfach so vergisst,
Dass man doch längst gesättigt ist
Und weiter frisst und frisst und frisst?

Und trifft dann so ein Nimmersatt
Auf jemanden, der etwas hat,
Was er nicht hat und gar nicht braucht,

Dann will er’s auch.

Wie? Das soll’s schon gewesen sein?
Nein, einer geht bestimmt noch rein!
Und überhaupt – da ist doch wer,
Der frisst tatsächlich noch viel mehr.
Und plötzlich sind sie dann zu zweit:
Die Gier und ihre Brut der Neid.

Das bringt mich noch einmal ins Grab,
Dass der was hat, dass ich nicht hab,
Dass der wo ist, wo ich nicht bin,
Das will ich auch, da muss ich hin!

Warum denn der?
Warum nicht ich?
Was der für sich,
Will ich für mich!
Der lebt in Saus
Und lebt in Braus
Mit Frau und Hund und Geld und Haus
Und hängt den coolen Großkotz raus.

Wahrscheinlich alles auf Kredit,
Und unsereiner kommt nicht mit.
Der protzt und prahlt
Und strotzt und strahlt.
Wie der schon geht.
Wie der schon steht.
Wie der sich um sich selber dreht.

Und wie der aus dem Auto steigt
Und aller Welt den Hintern zeigt.

Blasierte Sau!
Und seine Frau
Ist ganz genau
So arrogant
Und degoutant!

Und diese Blagen,
Die es wagen
Die Nasen so unendlich hoch zu tragen!

Dann hört er aber auf, der Spaß! –
So kommt zu Neid und Gier der Hass

Und sind die erst einmal zu dritt,
Fehlt nur noch ein ganz kleiner Schritt,
Bis dass der Mensch komplett verroht
Und schlägt den anderen halbtot.

Und wenn ihr fragt:

Wer hat ihn bloß so weit gebracht?
Das hat allein die Gier gemacht!

(Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors.)