Ein Nachmittag voller Überraschungen Bücherei als lebendigen Ort erleben
Unterfeldhaus · Eigentlich müsste man den Büchereien von heute einen neuen Namen geben. Wer sich beispielsweise unter der Stadtbücherei im Bürgerhaus einen Raum mit Regalwänden voller Bücher vorstellt, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus.
So erging es jetzt Besuchern, die an einer von Unterfeldhaus-AKTIV angebotenen Führung teilnahmen.
Seit Dezember 2014 gibt es in Erkrath neben den Stadtbüchereien im Kaiserhof und im Bürgerhaus in Unterfeldhaus - im Rewe-Foyer - als kleinste Filiale eine elektronische Buchausleihe. Landesweit schon etwas Außergewöhnliches. Der Schlüssel zu dem mit etwa hundert ausgewählten Büchern bestückten Schrank ist der Leseausweis der Stadtbücherei. Gelesenes kann vor Ort auch wieder zurückgegeben werden. Gemeinsam mit Büchereileiterin Michaele Gincel-Reinhardt hatte sich Unterfeldhaus-AKTIV für diese Einrichtung stark gemacht. "Wir in Unterfeldhaus sind schon ein wenig stolz über diese Möglichkeit der Buchausleihe", erklärt Heide Horn vom Bürgerverein. "Auch wenn man sich per PC in dieser kleinsten Filiale über den Gesamtbestand der Büchereien informieren kann, wollten wir unseren Mitgliedern und anderen Interessenten im Rahmen einer Führung die Gelegenheit geben, auch das weit über die Ausleihe von Büchern hinausgehende Angebot der Stadtbücherei kennenzulernen."
Mit seinem Anliegen war Unterfeldhaus-AKTIV bei Büchereileiterin Michaele Gincel-Reinhardt auf offene Ohren gestoßen. Im Laufe der 18 Jahre, die sie hier gewirkt hat, ist die Bücherei so etwas wie ihr Wohnzimmer geworden. Dieser Sommer wird ihr letzter hier sein. Vor dem Ruhestand, der bei ihrem Engagement allerdings eher ein Unruhestand werden dürfte. Wie eine gute Gastgeberin hieß sie jetzt gern noch einmal interessierte Besucher willkommen. Vom Abschiednehmen war noch nichts zu spüren. Engagiert und mit spürbarer Freude führte sie die Gruppe durch ihr Reich.
Treffpunkt ist das Lesecafé gleich links am Eingang. "Die Bücherei als einen lebendigen Ort erleben lassen", das war eins ihrer Ziele. Und das hat sie offensichtlich erreicht. An einem Tisch wird "Mensch ärgere dich nicht gespielt". Nebenan sind Vater und Sohn in ein Buch vertieft. Zwei Schulmädchen bereiten sich mit Hilfe eines kleinen Bücherstapels auf einen Vortrag für den Sachunterricht vor. Hier treffen sich, wie die Besucher erfahren, oft auch deutsche Lernpaten mit ihren ausländischen Schützlingen. Regelmäßig werden Veranstaltungen für Kinder unterschiedlicher Altersgruppen und literaturinteressierte Erwachsene angeboten. Bevor sich die Besuchergruppe zu der Führung aufmacht, gibt Michaele Gincel-Reinhardt ihren Gästen verbal Einblick in die Vielfalt der Angebote.
Längst haben die digitalen Medien Einzug gehalten in die Welt der gedruckten Werke, bieten neue Wege des Lernens. An insgesamt acht Rechnern können sich die Besucher aufmachen in die digitale Welt. Überall laden Leseecken zum Stöbern in Literatur zu unterschiedlichsten Themen. Neben Belletristik, Krimis, Phantasieromanen gibt es Spezielles für Schüler, junge Leute, Senioren und Hobbyisten. Ob Garten, Küche, Basteln, Party, Reisen, Gesundheit oder Sport — es gibt kaum ein Thema, zu dem es hier keine Literatur oder Informationen in anderer Form gibt - Hörbücher, CD, Filme und Zugang zum Internet.
Man kann vor Ort die internationale Presse studieren oder sie sich per Leseausweis auch Zuhause auf den PC laden. Mit Büchern in unterschiedlichen Sprachen, teilweise zweisprachig, trägt man in der Bücherei der in den letzten Jahren zugenommenen Zahl ausländischer Mitbürger Rechnung. Speziell gestaltete Bücher gibt es für Menschen mit Leseschwäche oder Ausländer, die die deutsche Sprache lernen wollen. "Lesen ist die Basis für eine gute Lebensgestaltung", erklärt Michaele Gincel-Reinhardt das Anliegen der Leseförderung. Mit immer neuen Zielen lotst Michele Gincel-Reinhardt ihre Gäste durch die Bücherei. Muss sie oft nahezu herausreißen aus spontanen Leseproben und Stöbereien in den Regalen.
Zurück im Lesecafé zeigten sich die Besucher überrascht und begeistert von der vorgefundenen Vielfalt. "Sogar Formulare für die Steuererklärung gibt es hier", staunte einer der Teilnehmer im Selbstgespräch. Mit ihrer Führung hatte die Büchereileiterin ihnen eine Welt aufgetan, die sie hier so nicht vermutet hatten. Am liebsten hätte wohl jeder noch einmal für sich die eine oder andere Ecke intensiver durchstöbert. Für diesen Tag machten sie sich nach einem herzlichen Dankeschön an Michaele Gincel-Reinhardt auf den Heimweg. Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben.