Zu Gast beim Fastenbrechen
Hochdahl · Ein unvergesslicher Abend, den die Internationale Frauengruppe rund um Fatima Assila ihren deutschen Gästen bot: Ein Abend mit vertauschten Rollen.
(RG) Als kurz nach 21 Uhr die ersten geladenen Gäste eintrafen, war Fatima Assila noch in der Küche des Kinderhauses bei den letzten Essenvorbereitungen. Ihre Tochter Sara, Annette Kapteina, die Leiterin des Kinderhauses und ihr Team hatten bereits die Tische vorbereitet. Neben Wasser und Orangensaft stehen Teller mit Feigen und Datteln bereit. Auf den Tischen, die nach dem Fastenbrechen als Buffet dienen sollen, stehen schon die ersten Speisen. "Ich freue mich, dass Sie kommen konnten", begrüßt Fatima lächelnd jeden neuen Gast und vermittelt sofort das Gefühl willkommen zu sein. Von den anderen Frauen der Internationalen Gruppe ist kaum jemand vor Ort. Warum das so ist verstehen die Gäste erst später. Unter den Gästen ist auch das Ehepaar Woelke, die einmal in der Woche ehrenamtlich für die Kinder im Kinderhaus kochen. Heute Abend gehören sie zu den Menschen, die die Speisen des Fastenbrechens kosten dürfen. Langsam naht der Sonnenuntergang. Immer mehr Frauen der Internationalen Gruppe treffen mit ihren Familien ein und bringen neue Speisen fürs Buffet mit. Mohammed Assila erklärt den Gästen den Ablauf des Fastenbrechens und einige Gäste fragen sich, ob sie schon Wasser hätten trinken dürfen und von den Datteln und Feigen hätten kosten dürfen.
Genauso müssen sich unsere neuen Nachbarn fühlen, wenn sie sich erstmals in unserer Gemeinschaft bewegen. Sara Assila informiert die Gäste anschließend über den Ramadan, der für Muslime eine der fünf Säulen des Islam ist. Die jährliche Fastenzeit orientiert sich nicht am Gregorianischen Kalender. Ramadan ist der neunte Monat im islamischen Mondkalender. Gefastet wird zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. In dieser Zeit verzichten die Gläubigen auf Essen, Trinken und aufs Rauchen. Ramadan umfasst aber viel mehr, als das Fasten. Es geht darum in sich zu gehen und die Verbindung zum Glauben zu stärken, um Verzeihung für anderen zugefügten Schmerz — innerlich wie äußerlich — zu bitten, barmherzig und wohltätig zu sein und schlechte Gedanken oder Flüche zu vermeiden.
Nach diesem Exkurs zum Ramadan ist Bürgermeister Christoph Schultz eingeladen eine kurze Rede zu halten, die dann fast ein wenig schüchtern ausfällt. Alle Gäste sind an diesem Abend berührt, auch Schultz. Er spricht von Verantwortung, von der Bedeutung der Nahrung für uns alle. "Ich bedanke mich ganz herzlich dafür, dass wir heute Abend Ihre Gäste seien dürfen", schließt er seine Rede mit dem Dank an die Internationale Frauengruppe ab.
Die Sonne ist bereits untergegangen, als die deutschen Gäste zusammen mit den Muslimen das Fastenbrechen begehen. Ein Schluck Wasser und eine Feige oder eine Dattel, bevor das Buffet eröffnet ist, das wie eine kleine Reise in eine andere Kultur erscheint. Beim gemeinsamen Essen erfahren die Gäste dann noch ein wenig mehr, auch davon, wie die Frauen vorher besprochen hatten, wer welche Speisen vorbereitet und davon, wie sie in ihrer jeweiligen Heimat Ramadan erlebt haben.
Es ist wie Weihnachten bei uns, eine Zeit für die Familie. IFTAR, wie das tägliche Fastenbrechen heißt, wird wechselnd innerhalb der Familie begangen. Die Vorbereitung der Speisen übernimmt an jedem Tag ein anderes Familienmitglied. An diesem Abend waren die Gäste Teil einer großen Familie und die noch ungewohnten syrischen und marokkanischen Speisen fanden großen Anklang.