Syrischer Christ wartet seit Monaten, Asyl beantragen zu dürfen Die Mühlen der Bürokratie
Erkrath · (nima) Anwar Aad floh vor gut einem Jahr vor der IS aus Syrien. Seit April lebt der syrische Christ in Erkrath. Bis heute erhielt er keine Möglichkeit, einen Asylantrag stellen zu dürfen.
Und das, obwohl für syrische und eritreische Staatsangehörige sowie Christen, Mandäer und Yeziden aus dem Irak längst ein beschleunigtes Asylverfahren existiert, da sie in aller Regel die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erfüllen. Schon durch seine Religion — Anwar Aad ist Christ — war der Syrer in seiner Heimatstadt Homs der Verfolgung durch die IS ausgesetzt. Doch als Taxifahrer drohte ihm noch zusätzlich Gefahr durch die Terrormiliz: "Die Rebellen der IS kapern Taxis, um von Ort zu Ort zu gelangen", erklärt sein Schwiegersohn Nawar Raheb. Aad floh zunächst in die Türkei, dann in den Libanon und kam in einer fünf Monate dauernden Odyssee über Algerien und Marokko schließlich nach Spanien und von dort nach Deutschland. Seine Frau, der 18-jährige Sohn und die 19-jährige Tochter flohen in den Libanon, nachdem die IS das Haus der Familie dem Erdboden gleich gemacht hatte. Außer ihren Papieren konnten sie nicht viel retten.
Seit Mitte April wohnt Aad in der Flüchtlingsunterkunft an der Gruitener Straße — nach vorübergehenden Stationen in Dortmund und Duisburg. "Meine Frau und ich haben beantragt, dass er nach Erkrath kommen kann", erzählt sein Schwiegersohn Raheb, der vor 31 Jahren im Alter von neun Jahren mit seiner Familie nach Erkrath kam, die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und durch seine Heirat vor fünf Jahren nun doch ganz nah dran ist an der Situation der Kriegsflüchtlinge aus seinem Vaterland. Seine Frau nach Deutschland zu holen, sei schon schwierig gewesen, erzählt Raheb. Zweieinhalb Jahre habe es gedauert, bis sie zu ihm nach Deutschland kommen durfte. Über ein Aufnahmeprogramm des Landes NRW hatten die Rahebs dann im Herbst 2014 versucht, auch ihre Eltern und Geschwister nach Deutschland nachzuholen. Im Frühjahr dieses Jahres erhielten sie die Mitteilung, dass die Referenznummer für ihren Antrag nicht existiere. Auch ein Anwalt habe nicht weiterhelfen können. Ebenso wenig die Kirchen.
Nun erleben die Rahebs mit dem Vater die langsam mahlenden Mühlen der Bürokratie erneut: Bis heute konnte Anwar Aad keinen Antrag auf Asyl stellen. "Bisher gibt es keinerlei Reaktion vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge", übersetzt Nawar Raheb für den Vater seiner Frau, der seit seiner Ankunft in Erkrath vor mehr als einem halben Jahr keine Einladung erhalten habe, um sich beim Bundesamt vorzustellen. Mehrmals seien sie bereits in der Düsseldorfer Außenstelle gewesen und hätten nachgefragt. "Wir verstehen nicht, was da läuft. Irgendwas ist da faul", sagt er und fragt sich, was mit Aads Akte geschehen sein mag. Diese habe die Mettmanner Kreisverwaltung wiederholt nach Düsseldorf schicken müssen, da sie dort angeblich nicht auffindbar war.
Das Bundesamt suche Gründe, um die Leute abzuwimmeln, so Rahebs und Aads Eindruck: "Alle Flüchtlinge, die erst in den letzten Monaten hierher gekommen sind, wurden längst zu Interviews geladen und haben ihre Aufenthaltserlaubnis", meinen sie. Der Presse teilte die Düsseldorfer Außenstelle des Bundesamtes auf Nachfrage mit, dass man Herrn Aad am 28. September eine Einladung geschickt habe. Diese ist jedoch bis heute nicht an seiner Adresse in der Flüchtlingsunterkunft an der Gruitener Straße eingetroffen. Durch die lange verstrichene Zeit wird es auch schwieriger, später die in den Libanon geflohene Familie nach Deutschland zu holen. Denn inzwischen ist auch der jüngste Sohn volljährig. Vier weiteren Christen aus Syrien, die etwa zeitgleich mit Anwar Aad in der Unterkunft an der Gruitener Straße einzogen, gehe es ähnlich wie ihm, übersetzt Aads Schwiegersohn: Auch sie warten seit dem Frühjahr darauf, endlich ihren Asylantrag stellen zu dürfen.