Endlich wieder Kultur im „Theater Anderswo“!!!! Eine lange Durststrecke geht zu Ende
Hochdahl · Es ist wie ein Befreiungsschlag. Nach einem Jahr bleierne Stille zurück im „Theater Anderswo“.
Ein Jahr ist es her, dass Beate Sarrazins Publikum die drei Etagen zum „Theater Anderswo“ erklommen. Nur an diesem Wochenende war es doch etwas Besonderes. Ging man in der Vergangenheit zügig treppauf, so war es an diesem ersten Samstag bei Teil 1, Beate hatte das Stück ‘Aduna Refetna – Das Leben ist schön’ etwas erweitert und auf zwei Samstage gelegt, ein wenig anders. Man ging bedächtiger, sicherlich auch mit ausreichend Vorfreude ausgestattet, aber mit einer Portion Dankbarkeit und auch Demut die Treppen hoch. Endlich wieder Theater und sicherlich wie immer bei Beate, vom Feinsten.
Wie immer begrüßte eine bis in die Haarspitzen motivierte Beate Sarrazin ihr treues Publikum. Hier ein Lächeln, dort ein small talk. Aber man merkt Beate doch ein wenig Nervosität an, waren ihre Aktivitäten doch eine lange Zeit auf Eis gelegt. Bei Ihrem Publikum eigentlich überflüssig, denn wer zu Beate Sarrazin geht weiß was auf ihn zukommt und außerdem ist sie ein Vollblutprofi.
Dann war es so weit. Man betrat das kleine Theater und harrte der Dinge, die auf einen zukamen. Nochmals die Begrüßung des gesamten Publikums und eine kurze Vorbemerkung, sich zu freuen das es wieder losgeht und dann ging es wirklich los. Beate drückte den Go-Button.
Das Stück, welches im Verlauf der Geschichte immer wieder durch kleine einfühlsame Gedichte begleitet wurde, begann mit einem solchen, dass man zwangläufig die Augen schloss und anfing zu träumen. ‘Aduna Refetna – Das Leben ist schön’ startete auch so, dass es gar nicht anders sein konnte als das das Leben schön ist. Sehr liebevoll wurde beschrieben, wie sich die zarten Bande zwischen Viola und einem Schwarzafrikaner woben. Auch sehr schön die Beschreibung, man fühlt sich in die 70er Jahre zurückversetzt, wie ein kleiner Junge versucht mit ein wenig Spucke die schwarze Farbe bei dem Schwarzafrikaner wegzubekommen.
Zärtlich und einfühlsam bemühte sich Boubacar, so hieß der junge Mann, um die Aufmerksamkeit und Zuneigung von Viola. „Bei uns zu Hause fragt man das Mädchen, ob es mit einem eine Tasse Kaffee trinken möchte, um so das Interesse für sich zu wecken“ sagte Boubacar. Und so entstand nach der Tasse Kaffee aus Freundschaft Liebe. Ganz wichtig ist es für den Fortgang der Geschichte und um sie zu verstehen, nicht in die bei einfachen Menschen verankerte Verallgemeinerung zu verfallen.
Das junge Glück wurde noch kompletter als Viola, die schon die Tochter Celine hatte, einen Sohn zur Welt brachte. Lamine war der Sonnenschein der Familie und dem Glück stand eigentlich nichts im Wege. Aber mit zunehmender Dauer entwickelte Boubacar ein Eigenleben. Als sich Viola unter Anderem beschwerte, dass sie jeden Monat bis zu 800 DM für Telefonrechnungen bezahlen musste, gab es Schläge. Auch in der Folgezeit vermehrten sich die körperlichen Angriffe und Züchtigungen.
Hier jetzt bitte noch einmal die Bitte nicht zu Verallgemeinern.
Das schöne Leben wandelte sich mit zunehmender Dauer zum Alptraum. Immer mehr Übergriffe und Verletzungen körperlicher und geistiger Art, immer mehr Einschreiten von Polizei und Verwaltung und immer mehr Desillusion. Bis es dann nach einer langen Zeit des Unerträglichen, inzwischen wurde auch Sohn Fallou geboren, zur Abreise von Boubacar in sein Heimatland, dem Senegal kam. An diesem Punkt hatte ich begriffen, dass es sich nicht um einen Sozial- oder Psychokrimi handelte, sondern um eine authentische Lebensgeschichte.
Die Jahre gingen ins Land und irgendwann fragten Violas Söhne Lamine und Fallou nach Ihrem Vater. Viola erzählte ihnen von ihm und nach langer Quengelei beschloss Viola mit Ihren Söhnen in den Senegal zu fliegen.
Das wird Inhalt der Folgeveranstaltung am Samstag, den 25. September, 20 Uhr im „Theater Anderswo“ sein. Bei der Beschreibung von Viola, wie Ihre Söhne in der Schule, im Verein und auf der Straße gemobbt wurden, werden Erinnerungen wach, wie sie schlimmer nicht sein können. Auch heute gibt es noch desgleichen, aber die Gesellschaft ist doch ein wenig toleranter geworden. Sie hat zwar den Zenit nicht erreicht, aber man ist guter Dinge und Hoffnungsvoll.
Vor mehr als zehn Jahren gründete Beate Sarrazin ihre Kleinkunstbühne, ‚Theater Anderswo‘ und erarbeitete sich im Laufe der Jahre eine treue und große Fan-Gemeinde. Der Startschuss fiel am 26. September 2009. „Theater beginnt da, wo ein Teppich ausgerollt ist: im leeren Raum”, schreibt Beate Sarrazin auf der Homepage des ‚Theater Anderswo‘. Mit dieser Idee im Kopf hat sie sich selbst den Wunsch nach einer eigenen Kleinkunstbühne erfüllt.
Schauspielerin und Regisseurin Beate Sarrazin entwickelt mit einer unverkennbaren Handschrift alle aufgeführten Erwachsenen- und Kindertheaterstücke selbst. Wenn sie auf der Bühne steht, vereinnahmt sie Groß und Klein. Sie elektrisiert ihre Zuschauer, die unmittelbar die feinfühlige Atmosphäre der Stücke und die Magie des Theaters spüren.
Der Eintritt für die Veranstaltungen im kleinen liebevollen Wohnzimmer-Theater von Beate Sarrazin ist frei. Ein anerkennender Obulus ist natürlich möglich.