Landrat Thomas Hendele übergibt das Mahnmal der Öffentlichkeit Gedenkzeichen im Neandertal wird eingeweiht
Kreis · 75 Jahre sind seit den Gräueltaten der Nazis vergangen. Zeugnisse für diesen dunkelsten Abschnitt der deutschen Geschichte finden sich auch im Kreis Mettmann. Das Neandertal, wo sich heute Familien, Wanderer, Freizeitsportler und Kulturinteressierte erholen, wurde zur Zeit der nationalsozialistischen Willkürherrschaft Schauplatz von furchtbaren Verbrechen.
145 unschuldige Menschen wurden verfolgt, ausgebeutet, gefoltert und getötet: In der „Koburg“ hielt die SA-Standarte Düsseldorf-Mettmann 1933 politische Gegner gefangen und misshandelte sie. Ein Häftling kam durch die Folterungen ums Leben, zwei weitere begingen nach ihrer Freilassung Selbstmord. Im „Heim der Auslandsdeutschen“ verhaftete die Gestapo Düsseldorf zwischen 1936 und 1942 deutsche Rückwanderer aus dem Ausland. Mindestens vier dieser Menschen starben in Konzentrationslagern. In der Kalkindustrie fielen mindestens 33 Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene aus der Sowjetunion und Italien zwischen 1940 und 1945 den unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen zum Opfer.
Um diese Opfer zu ehren, beschloss der Kreistag 2017, einen Wettbewerb für ein Gedenkzeichen auszuloben. Diesen Wettbewerb hat der Entwurf „Heller Schatten“ der Berliner Künstlerin Franziska Peter gewonnen. Im Rahmen einer Gedenkstunde wurde jetzt die Skulptur der Künstlerin, die ihren Standort auf dem zentralen Auftaktplatz zwischen dem Parkplatz und dem Neanderthal Museum hat, von Landrat Thomas Hendele der Öffentlichkeit übergeben. „Ich freue mich sehr, dass das Neandertal jetzt mit einem Gedenkstein versehen ist, der uns daran erinnert, dass es nicht nur schöne Zeiten hier im Tal gegeben hat, sondern auch außerordentlich düstere“, so Landrat Thomas Hendele.
„Rainer Köster von der Fraktion „Die Linken“ hat uns mit der dunklen Vergangenheit dieses Ortes intensiv bekannt gemacht. Auf seine Initiative hin wird hier der Opfer des Terrors gedacht. Dies hat der Kreistag einstimmig beschlossen“, so Thomas Hendele. Zudem mahnte er: „Der letzte Teil auf der Gedenktafel lautet ,Die Würde dieser Menschen wurde damals auf unfassbare Weise verletzt. Ihr Leben und Tod soll uns Mahnung und Verpflichtung sein‘. Diese Verpflichtung ist aktueller denn je. Hetze, eine nicht mehr vorhandene Toleranz gegen anders aussehende, anders denkende, anders handelnde Menschen, ist Realität in unserem Land geworden. Es ist eine Verpflichtung diesen Tendenzen zu begegnen.“
Die Skulptur, die einen lebensgroßen menschlichen Körper aus Glas darstellt, soll laut Franziska Peter nicht nur zum Nachdenken anregen, sondern auch körperlich spürbar sein. „So ist vom Erinnern und Nachdenken an Folter, Entbehrung und Tod im Namen des Nationalsozialismus der Körper als Schauplatz allen Schmerzes und Leid nicht zu trennen“, beschreibt die Künstlerin ihre Idee. Am Fuße der Skulptur ist eine Gedenktafel angebracht. Neben einem Text, der die Opfer würdigt, ist zudem ein QR-Code angebracht, unter dem im Internet weitere und nähere Informationen zu der Geschichte des Neandertals während der NS-Diktatur, zu Opfern und Tätern, beteiligten Institutionen abrufbar sind.
Fakten zur Skulptur: Die Skulptur besteht aus sandgegossenem transparentem Glas. Eine Seite ist klar transparent, während die andere Seite eine körnige, milchige Oberfläche aufweist. Die Glasfigur ist aus vier gegossenen Glasteilen mit UV-Klebeverbindungen zusammengesetzt und ist am Fuß mit einer weit in den Boden reichenden Stahlkonstruktion verbunden, die für Stabilität und Festigkeit sorgt. Der Informationstext befindet sich auf einem rostfreiem Edelstahlschild (Sandstrahlung und Lackierung) und ist ebenfalls im Boden verankert. Die Figur hat eine Höhe von rund 190 Zentimeter und eine Breite von circa 80 Zentimeter, die Dicke des Glases beträgt circa sieben Zentimeter.
Der Titel „Helle Schatten“ bezieht sich auf die Art der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit den Gräueltaten des Nationalsozialismus. Sie markieren den dunkelsten Abschnitt unserer Geschichte, der in seiner mahnenden Dringlichkeit einen hell ausgeleuchteten Platz in unserem kollektiven Erinnern und Gedenken genießen sollte.
Daten zur Künstlerin: Franziska Peter wurde 1980 in Wriezen geboren. Sie studierte Konzeptkunst Buch an der Hochschule für Kunst und Design Halle, Burg Giebichenstein, sowie das Fachgebiet Bild/Raum/Objekt/Glas. Die Künstlerin wurde 2006 mit dem Kunstpreis der Stadt Münster ausgezeichnet. Franziska Peter arbeitet und lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern in Berlin.
Politischer Hintergrund: Der Ausschuss für Umwelt-, Landschafts- und Naturschutz hat in seiner Sitzung am 19.2.2015 beschlossen, die Verwaltung zu beauftragen, die Thematik Verfolgung und Zwangsarbeit im Neandertal in der Zeit von 1933 bis 1945 historisch aufzuarbeiten. Daraus wurde dann die Idee für ein Gedenkzeichen erarbeitet und 2017 beschloss der Kreistag, den Wettbewerb für das Gedenkzeichen auszuloben.