Eine Reanimation durch das Telefon

Kreis · "Machen Sie weiter — Sie machen das gut!" Die Worte hallen in Ilona Lessings Kopf nach. Auch jetzt noch, nach einem halben Jahr. Vor allem, wenn sie das Martinshorn hört.

Dirk und Ilona Lessing treffen überglücklich auf Peer Polanc, Disponent der Leitstelle des Kreises Mettmann, der Ilona Lessing Wiederbelebungsanweisen am Telefon gab.

Foto: Kreis

"Machen Sie weiter — Sie machen das gut!" Diese einfachen Worte haben das Leben des Ehepaars Lessing aus Hilden grundlegend verändert. An einem Abend im November letzten Jahres geschah der Albtraum: Der 69-jährige Dirk Lessing bricht bewusstlos zusammen. Herzinfarkt. In Hysterie und Panik ziehen sich die Minuten nach der 112-Wahl scheinbar endlos hin. "Aber diese Minuten sind die entscheidensten", sagt Ilona Lessing, selbst examinierte Krankenschwester. Entscheidend für den Gesundheitszustand nach dem Herzinfarkt — oder überhaupt ein Danach. Und sie hat Glück. Am Apparat sitzt Peer Polanc, Disponent der Leitstelle des Kreises Mettmann. Er gibt ihr konkrete, detaillierte Anweisungen zur Wiederbelebung ihres Mannes.

"Legen Sie Ihren Handballen auf den Brustkorb Ihres Mannes mittig zwischen die Brustwarzen. Legen Sie Ihre andere Hand auf die erste Hand. Drücken Sie kräftig und so schnell Sie können nach unten, mit gestreckten Armen." Und er spornt sie an — immer weiter, immer wieder, obwohl die Reanimationsmaßnahmen und die Situation kräftezehrend sind und Dirk Lessing nicht mehr atmet. "Machen Sie weiter — Sie machen das gut!"

Bis der Rettungsdienst eintrifft, ihn weiter professionell versorgt und ins Krankenhaus bringt, sind nur wenige Minuten vergangen. Trotzdem kann das Team im Nachhinein sagen: Dank der Sauerstoffzufuhr und der aktiven Wiederbelebungsmaßnahmen seiner Frau hat Dirk Lessing den Infarkt überlebt. Und das ohne Langzeitschäden. Ilona Lessing ist überzeugt von der Hilfe und den direkten, animierenden Worten der Leitstelle: "Ihre Begleitung hat mir so sehr geholfen."

Die Begegnung nun mit Polanc, ein halbes Jahr später, ist hochemotional. Und mehr als das. Lessings sind dankbar — und sie wollen anderen Mut machen. Bürgerinnen und Bürger sollen keine Scheu haben, die Anweisungen am Telefon umzusetzen. "Man kann ja nichts falsch machen", sagt Polanc. "Man macht was falsch, wenn man nichts tut", bekräftigt Ilona Lessing. Vor eineinhalb Jahren wurde in der Leitstelle des Kreises mit der Telefonreanimation begonnen, mittlerweile hat sich dieses Verfahren etabliert. Bei lebensbedrohlichen Situationen bleiben die Disponenten, die alle 112-Notrufe des Kreises entgegennehmen, in der Leitung und geben Hilfe zur Selbsthilfe.

Am Hörer sitzen geschulte Menschen mit rettungs- und feuerwehrdienstlicher Ausbildung und Einsatzerfahrung. "Dass die Anrufer selbst aktiv werden sollen, darauf sind viele nicht gefasst", berichtet Polanc. Aber schon das Zuhören sei hilfreich. Die Leitstellenfragen ruhig beantworten, Nachfragen abwarten, und dann am Telefon begleitet helfen. "Und außerdem sind wir kein Callcenter. Der andere am Telefon muss mitmachen."

Beim Besuch der Leitstelle lernen Lessings nun deren Funktion, Abläufe und zentrale Rolle im Kreis kennen. Dirk Lessing der keine Erinnerungen an den Vorfall oder seine Bewusstlosigkeit hat, ist beeindruckt. "Hier greift von Anfang an alles ineinander." Trotzdem betont Dr. Arne Köster, ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes im Kreis, dass immer noch Verbesserungsspielraum da sei. Die agierenden Disponenten wolle man weiter ausbilden und schulen.