Aufgeben war keine Option
Hochdahl · Zekarias Kebraeb, 29 Jahre alt, flüchtete mit 17 Jahren alleine von Eritrea nach Deutschland und lebt heute in Nürnberg. Er flüchtete vor einer Diktatur und lebenslangem Militärdienst unter unmenschlichen Bedingungen und schrieb ein Buch darüber.
Am 26. Februar kommt er für eine Lesung nach Hochdahl. Wir sprachen vorab mit ihm.
Lokal Anzeiger: Wie fühlen Sie sich heute?
Zekarias Kebraeb: Es geht mir gut, danke.
Lokal Anzeiger: Welche Gedanken gingen Ihnen damals durch den Kopf, als Sie nach Ihrer monatelangen und lebensgefährlichen Flucht von Eritrea in Europa ankamen?
Zekarias Kebraeb: Ich musste durch die Wüste gehen und das Mittelmeer überqueren. Ich wäre fast verdurstet und fast ertrunken. Als ich dann auf Sizilien ankam, dachte ich, dass ich nun endlich in Freiheit leben kann. Arbeiten, lernen und keine Angst mehr vor Verfolgung zu haben - das hat mich auf meiner Flucht stets angetrieben, diesen gefährlichen Weg zu gehen. Allerdings es kam dann leider doch etwas anders...
Lokal Anzeiger: In wie fern?
Zekarias Kebraeb: Ich stoß in Europa zunächst einmal auf Ablehnung. In Mailand musste ich auf der Straße leben. Ich bekam nicht so schnell, wie erhofft, eine Aufenthaltsgenehmigung. Schnell fasste ich den Entschluss, dass ich in Italien nicht bleiben konnte.
Lokal Anzeiger: Wohin sind Sie gegangen?
Zekarias Kebraeb: Erst in die Schweiz, dort wurde mein Asylantrag allerdings auch ablehnt. Ursprünglich wollte ich nach Skandinavien. Ich hatte Angst vor Deutschland, vor der deutschen Vergangenheit. Am Ende wurde ich in Norddeutschland von der Polizei verhaftet, weil ich keine Aufenthaltsgenehmigung hatte und nach Bayern geschickt. Dort blieb ich und wohne nun in Nürnberg als deutsch-eritreischer Staatsbürger.
Lokal Anzeiger: Haben Sie auf Ihrer Odyssee jemals ans Aufgeben gedacht?
Zekarias Kebraeb: Nein, niemals. Die Rückkehr nach Eritrea war für mich keine Option.
Lokal Anzeiger: Sie sind deutscher Staatsbürger, leben in Nürnberg. Wie sieht heute Ihr Alltag aus?
Zekarias Kebraeb: Ich halte bundesweit Lesungen und arbeite mit Frontex zusammen. Dort halte ich Vorträge zum Thema "Flucht" und sensibilisiere dadurch die Grenzpolizisten. Außerdem bin ich als Radiomoderator bei "Radio Simret", einem eritreischen Radiosender, tätig.
Lokal Anzeiger: Welche Zukunft hätte Sie in Eritrea erwartet, wenn Sie damals nicht den Entschluss gefasst hätten, das Land zu verlassen?
Zekarias Kebraeb: In meiner Heimat gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder lebenslanger Militärdienst, zu dem die Menschen gezwungen werden oder Gefängnis, wenn man sich weigert. Beides ist quasi das gleiche. Manche Menschen verstecken sich auch vor dem Regime. Ich wollte das nicht, das ist kein Leben.
Lokal Anzeiger: Sie lesen am 26. Februar in Hochdahl aus Ihrem Buch "Hoffnung im Herzen, Freiheit im Sinn". Warum haben Sie sich dazu entschieden, Ihre Geschichte den Menschen zu erzählen?
Zekarias Kebraeb: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es viele Menschen gibt, die nicht wissen, was es bedeutet, aus seiner Heimat zu flüchten. Nur wenige wissen, welche Zustände in Eritrea herrschen. Wie sehr ein Volk unter einem Diktator leidet. Ich wollte so zu sagen Aufklärungsarbeit leisten.
Lokal Anzeiger: Wie sieht Ihre Utopie von einem Deutschland, von einer Welt von Morgen aus?
Zekarias Kebraeb: Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich die Sorgen der Menschen verstehen kann. Es ist eine große Aufgabe vor der wir stehen. Viele Flüchtlinge werden vermutlich werden zurück in ihre Heimatländer gehen, wenn dort wieder Frieden herrscht. Wir müssen daran mitarbeiten, dass in diesen Ländern ein angstfreies und friedliches Leben möglich ist. Die Rahmenbedingungen müssen stimmen: Schluss mit korrupten Regierungen, rückwärtsgewandten Diktaturen und Militärregimes - hin zu einer stabilen Demokratie und einem guten Bildungssystem. Das wird dauern und passiert nicht von heute auf morgen.
Hier vor Ort ist es wichtig, viel Integrationsarbeit zu leisten. Die möglichst schnelle Vergabe von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis ist wichtig, damit die Menschen hier eine Perspektive haben und Unabhängig werden.
Lokal Anzeiger: Was wünschen Sie sich für die Bevölkerung Eritreas?
Zekarias Kebraeb: Frieden.
Lokal Anzeiger: Worüber haben Sie das letzte Mal gelacht?
Zekarias Kebraeb: Eine schwierige Frage...Bei einer meiner letzten Lesungen erzählte ich dem Publikum, dass ich 2013 erfolgreich einen Einbürgerungsantrag gestellt hatte und eröffnete den Folgesatz mit 'Ich als Eritreer...'Da musste wir alle lachen.
Das Interview führte Nicole Palmieri.
Lesung mit Zekarias Kebraeb aus seinem Buch "Hoffnung im Herzen, Freiheit im Sinn" am 26. Februar, 19 Uhr
Wo? Im Evangelischen Gemeindezentrum Sandheide, Hans-Sachs-Weg 1, ab 19 Uhr
Karten im VVK in der Stadtbücherei Hochdahl oder unter sabinevdg@live.de beziehungsweise unter Telefon 02104/171405.