„Das ist kein völkerrechtlicher Vertrag“
Kreis · Der UN-Migrationspakt, auch Globaler Migrations-Pakt (Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration/GCM) genannt, soll am 10. und 11. Dezember in Marrakesch, Marokko verabschiedet werden. Aus Deutschland sind Signale zu erkennen, dass Kanzlerin Angela Merkel im Gegensatz zu Vertretern anderer europäischer Länder, das Abkommen unterzeichnen wird.
Österreich, Tschechien, Italien, Ungarn, Polen und Dänemark haben angedeutet, den Vertrag nicht zu unterschreiben. Bisher ist der Pakt, der die globale Migration lenken soll, in den deutschen Medien eher stiefmütterlich behandelt worden. Im Bundestag wurde er nicht diskutiert. Kritik an diesem Verhalten kommt auch aus Reihen der CDU. So nennt Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung eine "Kommunikationskatastrophe", wie er in der FAZ moniert.
Wir haben die Bundestagsabgeordnete für Mettmann, Michaela Noll, nach ihrer Meinung zu diesem Pakt gefragt. "Leider kursieren über dieses Abkommen aktuell viele Falschinformationen, mit denen Ängste in der Bevölkerung geschürt werden sollen", sagt Noll. "Durch Ihre Anfrage geben Sie mir die Gelegenheit, einiger dieser Behauptungen richtigzustellen."
Laut Noll ist die Migration "ein globales Problem, das auch nur global zu lösen ist". Deshalb wurde der GCM auf den Weg gebracht. Es gehe darum, die weltweite Migration systematischer zu steuern und die Verantwortung und Lasten gerechter innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft zu teilen. "Herkunfts-, Transit und Zielländer sollen besser zusammenarbeiten, illegale Migration vermieden und legale Migration besser gesteuert werden."
Laut Noll sei der GCM dabei jedoch rechtlich nicht bindend. "Es wird kein völkerrechtlicher Vertrag geschlossen. Es handelt sich lediglich um eine politische Absichtserklärung. Das heißt konkret: Mit dem Pakt werden nationale Hoheitsrechte weder übertragen noch eingeschränkt, rechtliche Verpflichtungen werden nicht begründet."
Die staatliche Souveränität Deutschlands bleibe laut Michaela Noll "unangetastet". "Deutschland hat nach wie vor das Recht, seine nationale Migrationspolitik selbst zu regeln. Das Recht auf einen effektiven Grenzschutz wird in der Erklärung noch bekräftigt. Gleichzeitig wird die Verpflichtung jedes Staates zur Rückübernahme eigener Staatsangehöriger als wesentliches Element der Staatenzusammenarbeit verankert."
Der Pakt beinhalte laut Noll keine Aufnahmezusagen. Auch sehe der GCM an keiner Stelle die Aufnahme von 250 Millionen Migranten vor. Schon jetzt könnten Staaten nach geltendem Recht die legale Einreise von Ausländern selbst bestimmen. Zudem können Schutzsuchende sich ihr Zielland nicht aussuchen.
"Darüber hinaus sieht der GCM keine 'Umsiedlung' typischer Wirtschaftsflüchtlinge' vor", so Noll. "Richtig ist, dass Deutschland sich schon zuvor im Rahmen des Resettlement-Programms des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) zu einer zahlenmäßig begrenzten, dauerhaften Aufnahme von tatsächlich schutzbedürftigen Flüchtlingen aus einem Transitland bereit erklärt hat (gesamt 10.200 Personen, verteilt auf Jahre 2018 und 2019)." Da dies Flüchtlinge und nicht Migranten betreffe, enthalte der GCM hierzu keinerlei Aussage. Noll: "Und auch der Global Compact zu Flüchtlingen, der im Übrigen ebenfalls rechtlich nicht verbindlich ist, sieht keine konkreten Aufnahmezahlen vor."
Auf die Frage, warum der GCM nicht im Bundestag behandelt wurde, sagt Michaela Noll: "Da er vertraglich nicht bindend ist, ist auch keine förmliche Befassung des Bundestages erforderlich. Die Bundesregierung hat im Laufe des Jahres jedoch unter anderem in ihren Antworten auf mehrere kleine Anfragen ausführlich die Fragen aus dem Parlament beantwortet und über die Beratungen und Zielsetzung aus deutscher Sicht berichtet. Zudem fand am 19. April 2018 eine Aktuelle Stunde im Deutschen Bundestag zu dem Thema statt, eine erneute Befassung ist für den 8. November 2018 vorgesehen."
Noll betont, dass in den Verhandlungen zum GCM die Wahrung nationaler Souveränität in Grenz- und Sicherheitsfragen einschließlich möglicher Strafbarkeit der illegalen Einreise für die Bundesregierung immer Priorität habe. "Zudem war es ihr wichtig, für Deutschland prioritäre Prinzipien im GCM verankert zu wissen, wie die Reduzierung irregulärer Migration und der klaren Trennung zwischen legaler und illegaler Migration", so Noll. Bereits bestehende Wege gut gesteuerter legaler Migration sollten nur ohne die Ausweitung von Zuwanderungsmöglichkeiten gefördert werden. Eine Legalisierung des Status von Migranten, die sich illegal in den Zielstaaten der Migration aufhalten, solle allenfalls auf Einzelfallbasis möglich sein, wenn sie im öffentlichen Interesse liegen und der Integration dienen.
"In einer Zeit, in der die internationale Ordnung immer mehr in Frage gestellt wird, ist ein Rahmendokument wie der GCM ein wichtiger Baustein, um die internationale, regelbasierte Ordnung wieder zu stärken", ist sich Noll sicher. "Das liegt im Kerninteresse deutscher Außenpolitik. Ebenso wie es im Interesse Deutschlands liegt, die Migration, die globale Dimensionen hat, auch global zu regeln. Dazu gehört auch, dass unsere internationalen Partner eine größere Verantwortung beim Umgang mit Migration übernehmen."